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Reportagekategorie: SCENIC DRIVE
Zusammenfassung und Textauszüge
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Deutschland: Von Meißen über Dresden zum Dreiländereck

Die Ironie der Geschichte

Diplodocus in dinosaur park Sauriergarten, Kleinwelka

.Ein neugieriger Diplodocus im Saurierpark bei Bautzen.

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Zusammenfassung

Das Elbtal, ein Gebiet der Schlösser und Paläste rundum Dresden, wurde im Jahr 2004 in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Die Reise beginnt in der Weinstadt Meißen mit einer Geschichte über zwei geniale Entdeckungen, die jeweils in der Albrechtsburg erfolgten: das Porzellan und das rippenlose Gewölbe. Die Erkundungsreise endet um Weihnachten beim Dreiländereck mit einer noch wundersameren Geschichte über das Zittauer Fastentuch. Zwischendurch machen wir einen Abstecher nach Bautzen, besuchen die Saurier des Künstlers Franz Gruß und unternehmen Tageswanderungen im Nationalpark Sächsische Schweiz.

Textauszüge

Wieder war Johann Friedrich Böttger gefangen. Diesmal allerdings nicht im Kerker, sondern in einem der schönsten Schlösser Europas, der Albrechtsburg über der Elbe bei Meißen.

Gegenüber August dem Starken, König der Sachsen, hatte der Meisteralchimist geprahlt, dass er Gold herstellen könne. "Dann mal gleich an die Arbeit", hatte August entgegnet und ihm alle nötigen Instrumente zur Verfügung gestellt und einen Kerker als Labor. Einzelhaft schien August die sicherste Option zu sein; auf keinen Fall sollte der Alchimist anderen von seiner Arbeit berichten können. Böttger (1682-1719) blieb erfolglos, aber bei einem seiner Experimente entstand Porzellan, das damals nur aus China bekannt war. Ein glücklicher Zufall, denn Porzellangegenstände waren beliebte Sammelobjekte an den europäischen Höfen. Böttger hatte tatsächlich eine Goldmine gefunden, erkannte August. Und so schenkte er ihm nicht die Freiheit, sondern brachte ihn in einer leer stehenden Burg seiner Voreltern, der Albrechtsburg, unter, wo er ihn eine Porzellanmanufaktur einrichten ließ. >>>

Gewölbe wie Origami

<<< Dies alles unter atemberaubend schönen spätgotischen Gewölben. 1525, lange vor dem Eintreffen Böttgers, arbeitete Architekt Arnold von Westfalen an der Vollendung der Albrechtsburg. In dieser abschließenden Phase kam ihm die geniale Idee, die Rippen, an denen Gewölbe für gewöhnlich verankert wurden, wegzulassen. Die Gewölbe sollten auf nichts anderem ruhen als sich selbst! So konnte, zumindest mit sehr erfahrenen Maurern, schneller gebaut werden. Das Ergebnis war ein Netz von Zellgewölben, die in jedem Saal ein anderes Muster zeigten und wie Origami aussahen, zierlich und scheinbar gewichtslos. >>>

Hell wie das Taj Mahal

<<< Nach der Fahrt von Meißen nach Dresden, mit Blick auf die Weinberge am anderen Ufer der Elbe, werden wir von einer riesigen, zierlichen Kuppel mitten im Stadtbild begrüßt. Die Frauenkirche! Nicht durch die Luftverschmutzung verfärbt (wie vor dem Krieg), sondern so hell wie das Taj Mahal.

Zart und hell wie eine Fata Morgana erhebt sich die wieder aufgebaute Frauenkirche, links im Bild, hinter der Elbe.

1993 begannen die Wiederaufbauarbeiten mit erstaunlicher Gründlichkeit. Von jedem Stein wurde ermittelt, wo und wie er einst im Bauwerk gelegen hatte. Mit Hilfe von Digitalkameras, 3D-Software und Computern dauerte das 6 Stunden pro Stein. Danach waren lediglich 22.000 Kubikmeter Schutt katalogisiert und in enormen Metallgestellen untergebracht worden, die lange Zeit die wieder auferstehende Kirche überragten. Die Finanzierung erfolgte mit der gleichen deutschen Gründlichkeit: wer wollte, konnte einen Stein kaufen und ihn der Frauenkirche schenken. Schenkte man Stein EVR 71 (Turm E, vorn rechts, Steinschicht 71), dann wurde der Name ins Goldene Buch eingetragen. >>>

<<< Dresdens aktuelle Metamorphose fällt am meisten in der Neustadt auf. Zuvor war dies das am stärksten vernachlässigte Viertel, denn die DDR konnte hiermit kein Prestige erzielen wie mit den barocken Baudenkmälern am anderen Ufer der Elbe. Kein Haus wurde ausgebessert, die Bewohner mussten in Plattensiedlungen außerhalb der Stadt umziehen und letztendlich wollte die Stadt den Stadtteil abreißen, um Platz für Neubau zu schaffen. Dabei war dies das einzige alte Viertel, das den Bomben entronnen war! Glücklicherweise fehlte das Geld für den Abriss, und die leer stehenden Häuser wurden von Hausbesetzern bezogen, um sie möglichst lange vor dem Einsturz zu retten. Nach der Wende war es diese bunte Bevölkerungsgruppe, die den Motor hinter der Metamorphose des Stadtteils bildete. Schick und hip wurden die Straßen in Flussnähe, mit kleinen Läden voller Dinge, die das Leben schöner machen. Dahinter, rund um die Alaunstraße, liegt ein Viertel voller Kneipen und trendy Bars, das mit Amsterdam wetteifern könnte. Dieselben winzigen, wunderlichen Läden, das sommerliche Treiben auf der Straße und vor allem die ungebremste Kreativität. >>>

Nationalpark Sächsische Schweiz

<<< Ringsherum liegt eine freundliche Landschaft, in der merkwürdige Tafelberge wie der Lilienstein und der Königstein dominieren. Dazwischen schlängelt sich in wunderschönen Kurven die Elbe. Wenn man die schlanken Pappeln als Zypressen sieht, erinnert das Elbsandsteingebirge an die Toskana. >>>

<<< Man kann in das Gebiet denn auch hinein, aber man kommt nicht mehr heraus. Es sei denn, man hat eine Karte oder einen Wanderführer. Dann entpuppt das Labyrinth sich als Wanderparadies, geschützt für künftige Generationen, denn es handelt sich um den Nationalpark Sächsische Schweiz. >>>

<<< Wer nicht so gut zu Fuß ist, der bekommt in der Bastei, wo die Natur sowohl das "Schloss" – genau über der Elbe! – als auch das Labyrinth dahinter geschaffen hat, den besten Eindruck von diesem Gebiet. Der Mensch hat Brücken und Geländer hinzugefügt. Ein anderes Muss ist das Prebischtor, knapp hinter der tschechischen Grenze, der größte Felsbogen Mitteleuropas. Es geht jedoch noch imposanter, aber dann darf man keine Angst vor schmalen Metallleitern haben: die Schrammsteine bei Bad Schandau. Zwischen kolossalen Felsnadeln mit überrumpelnden Ausblicken wähnt man sich weit in der Urzeit. >>>

Die Dinos von Franz Gruß

Wahrscheinlich schweifte Franz Gruß in seiner Jugend durch dieses Gebiet. Woraus sonst bezog er die Inspiration, eines Tages im Jahr 1978 einen Saurier in seinem Garten zu bauen? In wahrer Größe und schaurig echt! Es blieb nicht bei einem, und unsere Route führt entlang seiner Arbeiten in Sebnitz, Großwelka und Kleinwelka.

Die Lebensgeschichte von Franz Gruß erinnert an die des Postboten Cheval im französischen Drôme. Der hatte einen prächtigen Stein gefunden: den Beginn eines Fantasiebauwerks, so beschloss er. Das Ergebnis war ein formidabler Märchenpalast, der momentan Hunderttausende von Besuchern anzieht. Auch Gruß konnte nach seiner ersten Skulptur nicht mehr aufhören, und 1981 war sein Garten voll. Großzügig stellte seine Gemeinde einen Wald mit Seen zur Verfügung, der an seinen Garten grenzte. Nun konnte Gruß seine Riesen in einer natürlichen Umgebung aufstellen, in realistischen Situationen. Er gab seine Arbeit auf und widmete sich gänzlich der Wiederauferstehung der Urzeit. Die Gemeinde stellte Beton und Farbe zur Verfügung, dazu einen kleinen Zuschuss, sodass er nicht verhungern würde. So entstand hinter dem Eisernen Vorhang ein Saurierpark ohnegleichen, während in Amerika und Westeuropa das Dinofieber erst noch ausbrechen musste. >>>

Hauptstadt der Sorben

Wir setzen unsere Tour fort und erreichen Bautzen. "Budysin" steht auch auf dem Ortseingangsschild. Dies ist die Hauptstadt der Sorben, einer slawischen Minderheit in Deutschland. Hitler hatte vor gut einem halben Jahrhundert damit natürlich nichts am Hut. Unter Sowjetherrschaft wurde das Brudervölkchen hingegen gefördert. So wandern die momentan 50.000 Sorben durch die Geschichte, ohne selbst irgendeinen Einfluss darauf zu haben. >>>

<<< Ohne die Wende hätte das historische Bautzen das Jahr 2000 nicht erlebt. Deshalb keine Kritik an den Schönheitsfehlern, die bei der Restaurierung unterliefen, wie zum Beispiel die Kunststoff-Fensterrahmen. Wenn eine Stadt vollständig unter Baugerüsten steht, ist kein Geld für stilvolle i-Tüpfelchen übrig. Auch die zu süßlichen Fassadenfarben sollte man den Einwohnern nicht übel nehmen. Früher gab es nur eine Farbe: dunkelbraun. >>>

<<< Es schneit leicht, als wir Bautzen verlassen, was die umliegende Oberlausitz noch lieblicher macht. Ein Fachwerkdorf reiht sich ans nächste, mit beleuchteten Tannenbäumen in den Gärten. Als alles weiß ist, erreichen wir Jonsdorf im Zittauer Gebirge. Fachwerkhotel, Glühwein in der holzgetäfelten Lausitzer Stube – Weihnachtsstimmung macht sich in unseren Herzen breit.

Nach einer herrlichen Schneewanderung erreichen wir am nächsten Tag die Endstation unserer Scenic-Fahrt: Zittau, die Stadt am Dreiländereck Deutschland/Polen/Tschechien. Kinder kreischen im Karussell auf dem Weihnachtsmarkt. "Kling Glöckchen, klingelingeling" schallt es aus den Lautsprechern. Zeit für weihnachtliche Besinnlichkeit. Wir betreten die berühmteste Kirche Zittaus. Berühmt ist sie nicht wegen ihrer Größe, die eher bescheiden ist, sondern wegen ihres Fastentuchs. So ein Tuch umhüllte im Mittelalter während der Fastenzeit den Altar, das Heiligste, um so die Gläubigen auch in spirituellem Sinne fasten zu lassen. Ursprünglich waren die Tücher weiß, später wurden Bibelgeschichten darauf abgebildet. Letztendlich erhielten sie gigantische Abmessungen und bekleideten das gesamte Kirchentor mit einer Art Comic. Nur eine Handvoll von ihnen hat die Geschichte überlebt. Das schönste und größte ist das in Zittau. >>>

Saunazelt

"Nachdem Berlin gefallen war, blieben noch Reste russischer Truppen in dieser Gegend. Bettelarme Jungs aus Sibirien und Kasachstan, die froh waren, dass der Krieg vorbei war. Zufällig fanden sie das Tuch, und da sie keine Ahnung von seinem Alter und Wert hatten, bastelten sie ein Saunazelt daraus. >>>

<<< Erstaunt betrachten wir das Tuch mit anderen Augen. Werden uns der bizarren, barbarischen Kunstschändung bewusst. Hören die lachenden Soldaten, spüren die Spritzer ihres Plantschens, erfahren die Freude nach Jahren bitterer Kämpfe. Wer behauptet, dass Geschichte langweilig ist und Kunst nichts als tote Gegenstände, irrt sich gewaltig. Es geht darum, was die Flachsfasern dieses Tuchs erlebt haben. Die Ironie der menschlichen Geschichte.

 


Das Hotel

Maria Löcken-Hierl wurde in Bautzen geboren, ist aber in Westdeutschland aufgewachsen. Dadurch weiß sie besser als die meisten Bautzener, was moderne Touristen wünschen. Als sie sich 1995 mit ihrem Manfred aus dem stressigen Geschäftsleben zurückzieht, um in ihrer Geburtsstadt ihren Traum zu verwirklichen, verwendet sie bei der Restaurierung und Einrichtung der alten Gerberei an de Spree genau den richtigen Touch. Der Garten hinter dem berocken Gebäude ist eine Oase, und in der französisch-italienisch ausgerichteten Küche ist Gesundheit das Schlüsselwort. Es ist ihre wieder gewonnene Lebensfreude, die sich in der gesamten Alten Gerberei spiegelt. >>>

 

Das Restaurant

Beim Eintreffen werden Brot und Salz gereicht, eine slawische Begrüßungssitte. Restaurant Wjelbik im Zentrum Bautzens, geführt von Veronika Mahling in Tracht, ist ein sorbisches Restaurant. Erwarten Sie hier keine feine westliche Gesundheitsküche, sondern deftige, aber leckere, slawische Kost. Die Einrichtung zeigt, was zu DDR-Zeiten als Inbegriff von Klasse galt, und hat somit reinen Nostalgiewert, ohne dass die Inhaberin sich dessen bewusst ist. Schön ist das in sorbischer Tradition gefertigte Bleiglasfenster, das fröhliche Farbtupfer auf die Esstische streut. >>>

 

Die Aussicht: Burg Königstein

Königstein, die Burg von Sachsen, galt als uneinnehmbar und ist tatsächlich nie gefallen. Ein Besuch macht deutlich, warum ein potentieller Belagerer von seinem Vorhaben abließ. Aber es gibt einen zweiten Grund für das Besteigen dieses Tafelbergs: die prächtige Aussicht auf die Elbe und das Elbsandsteingebirge. Nur die Bastei, etwas weiter am anderen Ufer des Flusses, kann einigermaßen mit diesem Panorama mithalten.

 

Das Dorf: Obercunnersdorf

Die Oberlausitz zwischen Bautzen und Zittau bietet viele schöne Fachwerkdörfer, aber keines kann Obercunnersdorf das Wasser reichen. Dabei geht es um einen einzigartigen Typ von Fachwerkhäusern, die Umgebindehäuser. Das tragende Holzskelett befindet sich nicht in den Wänden, wie z.B. in Monschau, sondern vor den Außenwänden. Im Grunde ruht das Holz auf Pfählen, und zwischen den Stützen wurde eine Blockhütte errichtet. In diesem Gebiet, in dem die deutsche Kultur auf die slawische stößt, wurden die beiden Baustile (slawische Blockhütte und germanisches Fachwerk) zusammengefügt, ohne wirklich zu verschmelzen. Das Bahnviadukt bietet die schönste Aussicht.

 

Streamers

Stadt des Weins und des Porzellans - MEISSEN

Das junge Flair von Dresden - NEUSTADT

Die Toskana Deutschlands - ELBSANDSTEINGEBIRGE

Dinos im Wald - SAURIERPARK KLEINWELKA

Vor dem Untergang gerettet - BAUTZEN

 

Ein Netz von Zellgewölben. Wie japanische Papierfaltkunst, zierlich und scheinbar gewichtslos.

Seit der Wiedervereinigung florieren hier Antiquitätengeschäfte, die aussehen, als wären sie schon hunderte Jahre alt.

Wenn man die schlanken Pappeln als Zypressen sieht, erinnert das Elbsandsteingebirge an die Toskana.

Franz Gruß gab seine Arbeit auf und widmete sich gänzlich der Wiederauferstehung der Urzeit.

So entstand hinter dem Eisernen Vorhang ein Saurierpark ohnegleichen, während in Amerika und Westeuropa das Dinofieber erst noch ausbrechen musste.

Ohne die Wende hätte das historische Bautzen das Jahr 2000 nicht erlebt.

Die zu süßlichen Fassadenfarben sollte man den Einwohnern nicht übel nehmen. Früher gab es nur eine Farbe: dunkelbraun.

Zwei Wochen lang stieg heiße Saunadampf durch das unersetzliche Fastentuch auf und sorgte für Ablösung der jahrhundertealten Farbpigmente.

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Übersetzung aus dem Niederländischen: Britta Smit

 

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Diese Reportage wurde in REIZEN veröffentlicht, dem führenden niederländischen Reisen-Magazin.


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